Warum die Kritik am Geldsystem nicht genug ist

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Sicherlich haben viele schon mal von der kleinbürgerlichen Kritik am Geldsystem gehört, bei welcher alle Probleme des Kapitalismus auf den Zins abgeschoben werden. Man kann nicht sagen, dass diese völlig unrecht haben, jedoch muss man klar sagen, dass diese Kritik nicht den Kern trifft. Sie fragen nämlich nicht „Warum ist es überhaupt möglich Zinsen zu nehmen?“ bzw. „Woher kommt der Zins eigentlich?“.

Was ist der Zins?

Die Aufregung über den Zins kommt wohl daher, weil diese die offensichtlichste und parasitärste Form der Ausbeutung darstellt. Karl Marx schrieb schon im dritten Band des „Kapitals“ darüber: Der Wucher zentralisiert Geldvermögen, wo die Produktionsmittel zersplittert sind. Er ändert die Produktionsweise nicht, sondern saugt sich an sie als Parasit fest und macht sie miserabel. Er saugt sie aus, entnervt sie und zwingt die Reproduktion, unter immer erbärmlichern Bedingungen vorzugehn. Daher der populäre Haß gegen den Wucher […]1 Die Formel des Profits aus Verleihzinsen ist G – G´2, wobei G für Geld steht, das als Kapital am Anfang des Prozesses eingebracht wurde und G´ für G + g, was das eingebrachte Kapital zusammen mit dem eingefahrenen Profit darstellt. Wenn man beispielsweise 10€ als G für 10% Zinsen verleiht wäre G´ 11€. Hieraus erklären sich auch sogenannte „Volksweisheiten“, wie „Man lässt das Geld für sich arbeiten.“. Aber ist das wirklich so? Schöpft man tatsächlich „Geld aus Geld“ oder steckt da mehr hinter? Letzteres ist der Fall. Stellen wir uns also die Frage: Woher kommt g, der Zinsprofit?

Wie funktioniert die kapitalistische Ausbeutung?

Der komplette Prozess der kapitalistischen Produktionsweise drückt sich in dieser Formel aus: G W … P … W´– G´3. G und G´ haben hier die gleiche Bedeutung wie oben angeführt. W steht für „Ware“ und unterteilt sich in A für Arbeitskraft (der Lohn der Arbeiter) und Pm für Produktionsmittel (Materialien, Maschinen, Gebäude etc)4. A bildet das variable Kapital (v)5, da die Löhne (sowohl real, als auch nominal) nach Angebot und Nachfrage schwanken, auf Grundlage der Lebenshaltungskosten. Die Löhne liegen unter dem neu geschaffenen Wert (Neuwert, das ist die hinzugefügte Arbeitszeit in eine Produktmenge). Diese können theoretisch maximal die Summe des Neuwertes erreichen (variables Kapital + Mehrwert [m]), wobei es sich dem eher tendenziell annähert, da dies für den Kapitalisten keinen Profit bedeuten würde. Pm bildet das konstante Kapital (c)6. Dieses erzeugt keinen neuen Wert, sondern bildet eine Art Basiswert, der sich zusammensetzt aus den Materialkosten, der Abnutzung der Maschinen und Gebäude usw., also bloß vorhandenen Wert auf das neugeschaffene Produkt überträgt7. Die P steht für den Produktionsprozess und die Pünktchen für den Zeitraum des Prozesses, in welchem die gekauften Waren Arbeitskraft und Produktionsmittel aus der Zirkulation auf dem Markt entzogen sind, um etwas neues zu produzieren. W´ setzt sich aus W für die Kosten der eingekauften Waren zur Produktion zusammen und w, welches einen über diese Kosten hinaus produzierten Überschuss an Waren bedeutet, das Mehrprodukt. Wenn der Kapitalist diese Waren auf dem Markt verkauft, so erhält er das Geld für W zurück, womit er die Produktionsmittel und die Löhne bezahlt, sowie das Geld für w, was seinen Profit darstellt, den „unbezahlten Lohn“ sozusagen (der Arbeiter schafft v + m, wobei Letzteres sich vor dem Verkauf noch als w ausdrückt, bekommt aber nur v ausgezahlt). Der Kapitalist produziert also nicht um der Produktion willen, sondern für die Erzeugung von Profit. Daraus folgen Entlassungswellen, wenn Arbeiter „unnötig“ geworden sind durch Mechanisierung, wenn sich der Absatz nicht erhöht, das Drücken von Löhnen auf verschiedenste Art und Weise (Inflation, Leiharbeit usw.), Auslagerung von Produktionsstätten in Länder, wo die Arbeitskraft so günstig ist, dass sie billiger ist als die Kosten des konstanten Kapitals (Extraprofit durch koloniale Ausbeutung) etc. Das sei hier nur erwähnt, ist aber nicht Kernthema. Daraus folgt auch, dass nicht produziert wird, wenn die Leute einen Bedarf haben, sondern nur, wenn dieser Bedarf Profit verspricht (Arbeitslose haben auch Bedürfnisse z. B., aber man sorgt sich nicht darum, Produkte für sie „so günstig wie möglich anzubieten“, wie bürgerliche Demagogen koloniale Ausbeutung zu rechtfertigen versuchen). Die optimale Profitrate ist erreicht, wenn man den Bedarf nicht vollständig deckt, sondern aufgrund der Nachfrage über dem Angebot die Preise anhebt und die Produktion drosselt (also weniger produziert, obwohl man mehr produzieren könnte), was in einer Unterauslastung der Betriebe resultiert.

Fazit

Das Fazit ist also, dass der Zinsprofit eine verwandelte, scheinbar verkürzte Form der Abschöpfung des Mehrwertes ist, in einer indirekten Form: Statt selbst auszubeuten lässt man ausbeuten, indem man Kapital verleiht und über den Zins einen Teil des Mehrwertes aneignet. Man kann also nicht wirklich zwischen der Ausbeutung durch Zinsen und „direkt“ an der sinnbildlichen Werkbank trennen. Natürlich gibt es auch Kredite für Anschaffungen (Autos, Häuser, Inneneinrichtungen usw.), welche aus den Löhnen abbezahlt werden. Auch diese haben Ausbeutungscharakter, da diese sich die Geldnöte der Werktätigen zunutze machen, um sie sich teuer bezahlen, sodass man neben dem kapitalistischen Betriebseigentümer noch für den Eigentümer des Finanzkapitals parallel arbeitet, also Mehrwert in doppelter Weise abgeschöpft wird. Dieser abgeschöpfte Mehrwert wird als Kapital wieder und wieder verwertet, bis ein jeder Kleinproduzent bankrott gemacht hat und sein sprichwörtliches „Tafelsilber“ an die Bourgeoisie verkauft hat, ein jeder Arbeiter entweder arbeitslos oder für einen Lohn unterhalb der Lebenshaltung schuftet und überschuldet ist (das ist die Tendenz der Akkumulation des Kapitals), während die Bourgeoisie mehr und mehr Kapital als Schätze anhäuft und die Investitionsmöglichkeiten immer weniger werden. Marx schrieb dazu: „Der kapitalistische Produktionsprozeß, im Zusammenhang betrachtet oder als Reproduktionsprozeß, produziert also nicht nur Ware, nicht nur Mehrwert, er produziert und reproduziert das Kapitalverhältnis selbst, auf der einen Seite den Kapitalisten, auf der andren den Lohnarbeiter.“8

Der Ausweg

Der einzig gangbare Ausweg ist die Vergesellschaftung der Produktionsmittel. Wie man ersehen konnte, liegt der kapitalistischen Produktionsweise die Warenproduktion zugrunde, der Verkauf von Produkten auf dem Markt, um deren Wert in Geldform zu erhalten (bzw. um das Mehrprodukt als Profit zu realisieren). Karl Marx schrieb dazu: „Gebrauchsgegenstände werden überhaupt nur Waren, weil sie Produkte voneinander unabhängig betriebner Privatarbeiten sind.“9 Was ist also, wenn man die Produktionsmittel in gesellschaftliches Eigentum überführt oder, bei der Kleinproduktion (Kleinbauern, kleine Gewerbetreibende, Handwerker usw.), diese in kollektives Eigentum überführt (eine verwandelte Form des Privateigentums, jedoch mit gewissen Vorteilen der Großproduktion in Verbindung mit dem gesellschaftlichen Eigentum)? Dann besteht nicht mehr die Notwendigkeit der Profitmaximierung, sondern der maximalen Befriedigung der Bedürfnisse der Massen auf Grundlage der Vervollkommnung der höchstentwickelten Produktivkräfte10. Friedrich Engels brachte es so zum Ausdruck: Mit der Besitzergreifung der Produktionsmittel durch die Gesellschaft ist die Warenproduktion beseitigt und damit die Herrschaft des Produkts über die Produzenten. Die Anarchie innerhalb der gesellschaftlichen Produktion wird ersetzt durch planmäßige bewußte Organisation. Der Kampf ums Einzeldasein hört auf.11 Das wird mit der Verwirklichung des Sozialismus geschehen. Lasst uns dafür einsetzen, lasst uns diesen gemeinsam erkämpfen!

1Karl Marx „Das Kapital“, Bd. III In: Karl Marx/Friedrich Engels „Werke“, Bd. 25, Dietz Verlag, Berlin 1969, S. 610.

2Ebenda, S. 362.

3Karl Marx „Das Kapital“, Bd. II In: Ebenda, Bd. 24, Dietz Verlag, Berlin 1975, S. 31.

4Siehe: Ebenda, S. 32.

5Siehe: Karl Marx „Das Kapital“, Bd. I In: Ebenda, Bd. 23, Dietz Verlag, Berlin 1970, S. 224.

6Siehe: Ebenda, S. 223.

7Vgl. Ebenda, S. 222/223.

8Ebenda, S. 604.

9Ebenda, S. 87.

10Vgl. Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR“ (Februar – September 1952) In: J. W. Stalin „Werke“, Bd. 15, Verlag Roter Morgen, Dortmund 1979, S. 331.

11Friedrich Engels „Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft“, Dietz Verlag, Berlin 1970, S. 264.

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