Volkskrieg – Hier und dort und überall?

Die Gonzaloisten sind wie die Gummibärenbande: Sie behaupten, Volkskrieg funktioniere hier und dort und überall.

Die Gleichsetzung von Volkskrieg und Revolution im Allgemeinen zeigt sich bei den Gonzaloisten zum Beispiel hier in einem Beitrag auf „Dem Volke dienen“: Wir haben nur einige der Forderungen genannt, die wir im Rahmen der Hochhaltung, Verteidigung und Anwendung der Klassenlinie in der Arbeiterbewegung und der Arbeiter im Allgemeinen erheben und bekämpfen müssen, um ihr Bewusstsein, ihre Organisation und ihre Kämpfe zu einem Kampf um die Macht zu erheben, der sich im Volkskrieg für die sozialistische Revolution und die Diktatur des Proletariats konkretisiert.“1 Diese für Deutschland völlig unfruchtbare Sichtweise haben sie von Gonzalo übernommen.

Was sagt Gonzalo über den Volkskrieg?

Gonzalo gab im Juli 1988 sein berühmtes Interview gegenüber der Zeitung El Diario. Dieses Interview zitieren die Gonzaloisten gerne, um zu „beweisen“, dass der Volkskrieg „universell“ sei.

Er sagte:

Was den wissenschaftlichen Sozialismus angeht, so würde es genügen, den Volkskrieg hervorzuheben, denn es ist der Vorsitzende Mao Tsetung, der dem internationalen Proletariat vollständige, ausgereifte militärische Theorie vermacht hat, die überall angewandt werden kann.“2

Für uns steht fest, dass Mao Tsetungs Konzeption des Volkskrieges dem Proletariat eine militärische Linie, eine universell gültige militärische Theorie und Praxis gegeben hat, die innerhalb der konkreten Bedingungen überall anwendbar ist.“3

Gonzalo versucht diese Behauptungen nicht einmal zu belegen – weder mit Klassikerzitaten noch mit erfolgreichen Praxisbeispielen.

Es sei an dieser Stelle betont, dass Gonzalo in diesem Interview auch Werbung für die nach ihm benannten „Gonzalo-Ideen“ machte: Die Gonzalo-Ideen seien Anwendung des Marxismus-Leninismus-Maoismus auf die peruanischen Verhältnisse4.

Mao hat sowas nie getan. Mao gefiel es sogar gar nicht, dass man eine Ideologie nach ihm benannte. Gonzalo betrieb also aktiv Personenkult um sich selbst.

Was sagt Mao über den Volkskrieg?

Stimmt das, was Gonzalo von sich gibt, mit Mao überein? Um es kurzzufassen: Nein!

Mao schrieb schon 1928, dass rote Basen nur möglich seien unter den Bedingungen in China. Er schrieb: „Erstens kann es sie weder in irgendeinem imperialistischen Staat geben noch in irgendeinem Kolonialland, das direkt unter imperialistischer Herrschaft steht. Nur in dem wirtschaftlich rückständigen, halbkolonialen China, das vom Imperialismus indirekt beherrscht wird, kann es sie geben.“5 In China gab es damals die Kompradorenbourgeoisie in der Stadt und die Feudalherren auf dem Land6. Die Hauptmasse der Werktätigen waren Bauern, die Infrastruktur war in schlechtem Zustand. Dadurch waren die Roten Basen auch nicht schnell zu zerschlagen.

Diese Bedingungen existieren nicht nur nicht in Deutschland, auch im heutigen China bestehen diese schon längst nicht mehr.

Mao schrieb 1938: „Die zentrale Aufgabe der Revolution und ihre höchste Form ist die bewaffnete Machtergreifung, ist die Lösung der Frage durch den Krieg. Dieses revolutionäre Prinzip des Marxismus-Leninismus hat allgemeine Gültigkeit, es gilt überall, in China wie im Ausland. Wenn jedoch das Prinzip auch ein und dasselbe bleibt, so kommt doch seine Verwirklichung durch die Partei des Proletariats gemäß den verschiedenen Bedingungen auf verschiedene Weise zum Ausdruck.“7 Gonzalo erkennt den ersten Teil des Zitats an, aber den zweiten Teil nicht. Für Gonzalo bezieht sich dieses Zitat nur auf den Volkskrieg8. Man kann am Kontext ersehen, dass dem nicht so ist.

Mao sagte 1956: „Klassenkampf, soziale Revolution, der Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus gleichen sich in den Grundprinzipien in jedem Land, jedoch hinsichtlich mancher, den Grundprinzipien untergeordneter sekundärer Prinzipien und Erscheinungsformen treten von Land zu Land Unterschiede auf. Dies war bei der Oktoberrevolution und der chinesischen Revolution der Fall. In den Grundprinzipien glichen sich beide Revolutionen, in den Erscheinungsformen jedoch gab es zahlreiche Unterschiede. Zum Beispiel ist die Entwicklung der Revolution – in Rußland von den Städten in die Dörfer, in unserem Land dagegen von den Dörfern in die Städte – einer der zahlreichen Unterschiede zwischen den beiden Revolutionen.“9 Mao verstand also den Unterschied zwischen Oktoberrevolution und der Chinesischen Revolution.

Der Volkskrieg ist für die unterentwickelten, kolonialen Länder die richtige Methode; die Methode der Bolschewiki für die entwickelten kapitalistischen Staaten die richtige. Man kann beide Methoden nicht gegeneinander ausspielen wollen. Sie sind universell anwendbar unter den Bedingungen, die diese ermöglichen.

Schlussfolgerungen

Gonzalo verdreht und verwässert also Mao. Er machte aus einer konkreten Theorie Maos im Prinzip allgemeines Gerede über das, was man landläufig unter dem Begriff Revolution versteht. Zum Glück gibt es maoistische Genossen, die das erkannt haben.

Sogar innerhalb der der maoistischen Internationalen Kommunistischen Bewegung (ICM) ist Gonzalo umstritten: Im Kontrast zu den grandiosen Behauptungen, dass Gonzalo ´den Maoismus synthetisiert/definiert“ habe, ist die Wahrheit, dass bei Gonzalos theoretischen Beiträgen das gut ist, was nicht neu ist und das neu ist, was nicht gut ist.“10 Dem ist nichts hinzuzufügen.

Die Gonzaloisten scheinen sogar Gonzalos Aussage, keine Freunde zu haben11, als Dogma zu nehmen. Sie isolieren sich absichtlich selbst von den Massen und machen sich mit ihrem Sektierertum auch in der sozialistischen Bewegung keine Freunde. Wir hingegen müssen den Weg zu den Massen finden, wie die Bolschewiki es taten.

Gonzalo fand seine Niederlage in den Anden. Lassen wir ihn und seine Bewegung dort ruhen und gehen auf unserem eigenen Pfad voran.

2 „Die Anden beben!“, Zambon Verlag, Frankfurt am Main 1990, S. 123/124

3 Ebenda, S. 158

4 Vgl. Ebenda, S. 127

5 „Warum kann in China die rote Macht bestehen?“ In: Mao Tse-tung „Ausgewählte Werke“, Bd. I, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S. 69

6 Vgl. Ebenda, S. 67

7 „Probleme des Krieges und der Strategie“ In: Mao Tse-tung „Ausgewählte Werke“, Bd. II, Verlag für fremdsprachige Literatur, Peking 1968, S. 255

8 Vgl. „Die Anden beben!“, Zambon Verlag, Frankfurt am Main 1990, S. 157

9 „Gespräch mit Musikern“ In: Mao Zedong „Texte“, Band II, Carl Hanser Verlag, München/Wien 1979, S. 54

11 Vgl. „Die Anden beben!“, Zambon Verlag, Frankfurt am Main 1990, S. 242

//