Tesla und die SPD – Lehren aus Grünheide

Die SPD mag auf Bundesebene sich zwar verbal gegen Elon Musk äußern, so zum Beispiel gegen dessen Wahlaufruf für die AfD1, dennoch bedeutet das keine tatsächliche Opposition der SPD zum Großkapitalisten Musk mit seinem Tesla-Konzern.

Das Tesla-Werk im brandenburgischen Grünheide war von Anfang an ein Zankapfel2, nicht erst seit den Negativschlagzeilen der vergangenen Monate, die auch den Anlass für meine Ausführungen bilden. Nun aber der Chronologie nach.

Von Anfang an war es keineswegs so, dass die Tesla-Ansiedlung einhelligen Jubel auslöste in der “auserwählten” Region. Denn auch vorher schon war die wirtschaftliche Not nicht so groß, dass man die Landung Elon Musks im Märkischen Sand als Segen sah.”3, so heißt es in einem Beitrag für den Online-Auftritt der Tagesschau vom 17. November 2024. Tesla war nie sonderlich beliebt in der Region und war sicherlich nicht die einzig mögliche wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeit.

Anfang 2020 beantragte Tesla mögliche Fördergelder, die damals auf über 100 Millionen Euro geschätzt worden sind4. Letztlich verzichtete Tesla aber Ende 2021 freiwillig auf eine Fördersumme von 1,1 Milliarde Euro5. Die Fördergeldsumme hätte also eine Milliarde Euro höher gelegen als der ursprünglich geschätzte Betrag. Wenigstens blieb den deutschen Steuerzahlern dadurch eine unnötige Belastung durch die Subventionierung eines Großkonzerns nach dem Motto “Wer da hat, dem wird gegeben.”6 erspart.

Am 22. März 2022 wurde die Fabrik im Beisein von SPD-Kanzler Olaf Scholz eingeweiht.

Bereits im Oktober 2023 demonstrierten 1.000 Arbeiter des Tesla-Werks für bessere Arbeitsbedingungen, unter anderem wegen hoher Arbeitsbelastung, Personalmangel sowie Versäumnisse bei Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz7. Das sind Probleme, die bis heute ungelöst sind, wie sich zeigen sollte.

Die Bevölkerung von Grünheide lehnte im Februar 2024 in einem Volksbegehren die Erweiterung des Tesla-Werks, mit 1.882 Stimmen für und 3.499 gegen den Ausbau, ab. Volksbegehren sind nicht bindend8.

Mathias Papendieck, Mitglied des Bundestages der SPD für den Wahlkreis Oder-Spree III, zu dem Grünheide gehört, kommentierte in einem Interview mit “t-online” am 22. Februar 2024:

Die Bürger haben gut überlegt und abgestimmt, ihnen darf man das nicht vorwerfen. Es liegt in dem Fall an der Politik, sie hätte einen besseren Kompromiss verhandeln müssen. Denn die Leute vor Ort müssen ja damit leben und sollten nicht das Gefühl haben, dass die Politik die Industrie zu sehr machen lässt. Daher ist ein Dämpfer an der Stelle gar nicht verkehrt. Für uns als Industriestandort ist es aber wichtig, dass wir offen bleiben für neue Technologien.”9

Kurzum: Die Bürger haben nicht abgestimmt, wie gewünscht. Vor allem der letzte Satz verrät das. Da nützt es auch nicht, dass er behauptet, “von der Arbeiterseite der SPD” zu sein. Die Arbeiterklasse ist ihm nämlich egal. Nicht nur ihm als Person, auch der örtlichen SPD.

Die SPD Oder-Spree10 und die SPD Grünheide11 riefen dazu auf, am 10. März 2024 an einer pro-Tesla Demonstration teilzunehmen, unter dem Motto “Grünheide gestalten statt verhindern”. Das war, wohlgemerkt, bereits nach dem Volksbegehren. Eigentlich war die Sache aus Sicht der Bevölkerung damit erledigt, aber nicht für die SPD.

Am 11. März 2024 stilisierte der SPD-Landtagsabgeordnete für die Region Oder-Spree die Sabotage der Stromversorgung von Tesla durch die anarchistische “Vulkangruppe” zu einem “terroristischen Anschlag einer linksextremen Gruppe” auf12. Genauso bezeichnete auch der brandenburgische Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (ebenfalls SPD) die Sabotage und nannte sie sogar einen “Anschlag auf 12.000 Arbeitsplätze”13. Man kann zur Sabotage stehen, wie man will, aber sie als “Terroranschlag” zu bezeichnen, ist maßlos überzogen und aus diesem Grund lächerlich.

SPD-Fraktionschef im brandenburgischen Landtag, Daniel Keller, sagte am 20. März 2024 mit Bezug auf das Tesla-Werk in Grünheide:

Es müsse lauten: ja, wir wollen in Brandenburg auch in Zukunft Standort für industrielle Betriebe sein. Denn diese Betriebe bieten gut bezahlte Arbeitsplätze und finanzieren mit ihren Steuern den Sozialstaat.”14

Diese Logik ging nur teilweise auf. Im April 2024 machte das Gerücht die Runde, dass es im Tesla-Werk Grünheide zum Abbau von 3.000 der 12.500 Stellen kommen würde, was aber bald von Tesla dementiert wurde15. Stattdessen wurden 400 Vollzeitstellen gestrichen und 300 von 2.000 Leiharbeitern “abgemeldet”, also 700 Stellen insgesamt abgebaut16. Dennoch kann man daran ersehen, dass jeder sechste Arbeiter bei Tesla ein Leiharbeiter ist, somit keinen “gut bezahlten Arbeitsplatz” besitzen kann und bereits im Oktober 2023 konnte man bei den Demonstrationen sehen, was Elon Musk von sozialstaatlichen Standards hält: Nichts. Das sollte sich auch noch in Zukunft zeigen, dazu aber an späterer Stelle mehr. Man kann kurzum sagen, dass außer pseudo-sozialer Demagogie, als sei ein Großkapitalist wie Elon Musk ein regelrechter Wohltäter, nicht viel gesagt wurde. Es gab keine ernsthafte Kritik an Musk. Der SPD sind die Arbeiter im Prinzip egal.

Das zeigte sich auch in der Abstimmung in der von SPD und Grünen regierten Gemeindevertretung im Mai 2024: Dem Ausbau des Tesla-Werks wurde dennoch zugestimmt17. Das führte zu monatelangen Protesten unter anderem mit Slogans wie “Grüner Kapitalismus ist eine dreckige Lüge”18, die im November 2024 von der Polizei endgültig aufgelöst worden sind19.

Am 12. November 2024 bezeichnete Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach Musks politische Anschauungen als einen “Irrweg” und dass er ihnen nicht zustimme, er aber dennoch einen guten Draht zu ihm habe, da er seine eigene politische Meinung von den Beziehungen zu ihm getrennt halten könne20. Ein Beitrag der Tagesschau scheint das auf den Punkt bringen zu wollen:

Die brandenburgische Landesregierung versucht die Dinge auseinanderzuhalten: Die Firma sei das eine, die Politik etwas anderes. Es ist kompliziert: Teslas Erfolg ist wichtig für Brandenburg, aber allzu viel will man mit Musk gerade offenbar auch nicht zu tun haben.”21

Das Gequälte an dieser Logik ist, dass Tesla und Musk nicht trennbar sind, schließlich nutzt er sehr öffentlich seine ökonomische Macht für politischen Einfluss.

Elon Musk rief im Dezember 2024 in einem Gastbeitrag für die “Welt” zur Wahl der AfD auf22. Diesen Wahlaufruf wiederholte er im Februar 2025 nochmals23. Es nützt nichts, dass die SPD sich auf Bundesebene formell gegen Musk ausspricht, wenn sie andererseits vor seinem Tesla-Konzern niederkniet und ihn vor der Kritik der Öffentlichkeit in Schutz nimmt sowie dessen wirtschaftlichen Willen durchdrückt.

Als Elon Musk im Januar 2025 nach der Wiederwahl Donald Trumps zum US-Präsidenten eine Geste tätigte, die sicherlich nicht zufällig an den Hitlergruß erinnert, projizierten mutmaßlich Aktivisten diese Geste auf die Außenwand des Tesla-Werks mit den Worten “Heil Tesla”. Aus diesem Grund ermittelt der Staatsschutz wegen der “Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen”24. Letztlich verfolgt man nun deutsche Aktivisten aufgrund von Elon Musks in den USA getätigter Geste, bei der er seine faschistische Gesinnung kurz nach dem Wahlaufruf für die AfD noch einmal publik gemacht hatte.

Nun ist Elon Musk faktisch ein Teil der amerikanischen Regierung unter Donald Trump, auch wenn er dafür keinerlei Mandat besitzt. Nun ist Elon Musk kaum noch trennbar von seinem politischen Einfluss ohne sich in Erklärungsnot bringen zu wollen.

Im März 2025 forderten 3.000 von 11.000 Arbeitern des Tesla-Werks unter Führung der IG Metall bessere Arbeitsbedingungen25. Hohe Arbeitsbelastung und Personalmangel bei Schichten sei noch immer ein Problem.

Was im September 2024 mit Hausbesuchen bei erkrankten Arbeitern begann26 schaukelte sich von Seiten Teslas bis zum März 2025 soweit hoch, dass der Lohn erkrankter Arbeiter einbehalten worden ist27.

Die IG Metall wirft Tesla in dem Kontext Einschüchterung vor und merkt an, dass der Rechtsschutz der IG Metall von Tesla-Arbeitern 21 mal häufiger als im Durchschnitt in Anspruch genommen wird28.

Die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD (AfA) “begrüßte ausdrücklich” 2020 die Investitionen Teslas, forderte aber dass sich Elon Musk an “deutsche Gesetze und unser sozialstaatliches Verständnis” halten müsse, auch im Hinblick auf Gewerkschaften29. Es ist offensichtlich, dass Elon Musk das eben nicht tut und auch nicht gewillt ist, es zu tun. Das war aber vom ersten Tag an absehbar. Und dennoch begrüßte ihn die AfA!

Man erkennt klar und deutlich: Die SPD hat keine Prinzipien, sie ist bereit mit einem offenkundig faschistisch gesinnten Großkapitalisten zusammenzuarbeiten, schließlich handelt es sich bei Musk um einen gern gesehenen “Investor”. Es ist der SPD und ihrem Führungspersonal ersichtlich egal, an welchen kapitalistischen Blutsauger die Arbeiter verschachert werden. Sie mag zwar pseudo-soziale Demagogie verwendet haben im Hinblick auf “gut bezahlte Arbeitsplätze” und “Steuereinnahmen für den Sozialstaat”, aber diese Aussagen dürften mittlerweile durch die Skandale der Lächerlichkeit preisgegeben worden sein. Elon Musk liegt an diesen Prinzipien rein gar nichts.

Man kann ersehen, dass Sozialdemokratie nichts anderes bedeutet als Neoliberalismus und dass Sozialdemokraten trotz ihrer verheuchelten “Mitte-links”-Demagogie sehr wohl bereit sind, mit offenkundig rechtsextremen Kapitalisten zusammenzuarbeiten, schließlich vertreten sie deren Klasseninteressen. Die Verbaläußerungen der SPD gegenüber Elon Musk als Person sind nicht ernstzunehmen, da sie am Tesla-Konzern festhält.

Man kann erkennen: Die SPD ist nicht besser als jede andere bürgerliche Partei; Elon Musk versucht, Deutschland auf wirtschaftlichem Gebiet zu amerikanisieren, wogegen von Seiten der Arbeiterklasse vorgegangen werden muss.

6Markus 4, 25

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