Hochrüstung und Krieg: aus Berlin nichts Neues

erschienen am 9.Februar 2018 via KenFM


Ein Kommentar von Klaus Hartmann.

Waren Sie auch so brennend an den Berliner Koalitionsverhandlungen interessiert? Müsste wohl, den täglichen, ja stündlichen Wasserstandsmeldungen in Presse, Funk und Fernsehen nach zu urteilen.

Sagen Sie jetzt bloß nicht: Interessiert mich nicht, geht mir sonstwo vorbei. Wo es doch in den monatelangen Verhandlungen um die alles entscheidende Frage ging: Wer kassiert mit wem ab? Nur eins ist klar: uns kassieren sie ab, in den nächsten Jahren!

Ging es aber vielleicht wenigstens doch ein klein wenig auch um Fragen, die uns interessieren? Die Friedensbewegung verbreitet seit einigen Wochen den Appell „Abrüsten statt Aufrüsten!“. Abrüstung als Thema bei den Verhandlungen in Berlin? Fehlanzeige!

Seit 2014 sind alle NATO-Staaten die Verpflichtung eingegangen, ihren Rüstungshaushalt auf 2% des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Das bedeutet für Deutschland bei seinen 37 Milliarden Euro eine Verdoppelung bis 2024! Gab es daran auch nur die leiseste Kritik von irgendeinem Verhandler in Berlin? Wieder Fehlanzeige! Wir müssen die Forderung nach Abrüstung selbst in die Hand nehmen, nach Berlin tragen, der Regierung auf den Tisch packen!

Haben CDU, CSU, SPD, Grüne oder die FDP ein Problem mit dem fortgesetzten NATO-Aufmarsch gegen Russland? Kein Sterbenswörtchen war zu hören. Seit einem Jahr stehen deutsche Truppen, deutsche Panzer wieder im Baltikum, an der russischen Grenze. Hat man bei den Verhandlungen in Berlin wenigstens einmal laut darüber nachgedacht, diesen Skandal zu beenden, deutsche Panzer und Soldaten wieder abzuziehen? Erraten! Natürlich nicht! Das genaue Gegenteil steht auf der Tagesordnung: Ein neues NATO-Hauptquartier, zuständig „für schnelle Truppen- und Materialtransporte“, soll in Deutschland entstehen.

Und die Ukraine? Die Junta in Kiew, durch einen US- und EU-gesponserten Staatstreich 2014 an die Macht gekommen, hat gerade die sogenannte „Reintegration des Donbass“ beschlossen – ein glatter Bruch des Minsker Abkommens. Hat daran jemand in Berlin Anstoß genommen? Sanktionen gegen Kiew? Im Leben nicht!

Wer hat die Entscheidung des US-Kongresses kritisiert, der Kiewer Junta Panzerabwehrwaffen zu liefern? Auch niemand, die Waffen seien ja defensiv, zur „Abwehr“. Aber was bedeutet dies beim Krieg gegen die Bevölkerung der Ost-Ukraine? Die Panzer, die die Wohngebiete der Zivilbevölkerung im Donbass schützen, sollen abgeschossen werden, und schon haben die Faschisten freie Schussbahn, die Bevölkerung niederzumetzeln. Hat einer der künftigen Regierungspartner ein Problem damit? Wo denken Sie hin!

Seit 2015 führen die Golfmonarchien unter dem Oberkommando Saudi-Arabiens einen Vernichtungskrieg gegen das Nachbarland Jemen. Über 7 Millionen Menschen sind von humanitärer Hilfe abgeschnitten, über drei Millionen leiden Hunger, davon über 2 Millionen Kinder, über 600.000 sind an Cholera erkrankt. Hier ist die Bundesregierung durchaus aktiv: Saudi Arabien ist der drittgrößte Waffenimporteur deutscher Rüstungskonzerne, immer mit Genehmigung der Bundesregierung, ob aus CDU, CSU, SPD oder FDP.

Die israelische Regierung ist nach Trumps angekündigter Botschaftsverlegung nach Jerusalem bei ihrer Landraub- und Kolonisierungspolitik in Palästina nicht mehr  zu bremsen. Und der Beitrag der deutschen Bundesregierung? Sie liefert Israel ungerührt das sechste U-Boot, U-Boote der Dolphin-Klasse, die auch atomar bewaffnet werden können, jedes Boot zu einem Drittel vom deutschen Steuerzahler finanziert, – das sind pro Boot 165 Millionen Euro. Das Wahnsinnsgeschäft – vier verkaufen, zwei verschenken – begründet die Bundesregierung originell: Mit dieser finanziellen Beteiligung bekenne sich Deutschland „unverändert zu seiner besonderen historischen Verantwortung für die Sicherheit des Staates Israel“. Wie zum Hohn auf die Opfer des Faschismus wird der Deal mit Mordwaffen und das Steuergeschenk irgendwie zur „Wiedergutmachung des Holocaust“ umgelogen. Diese Frechheit hat die Bundesregierung leider versäumt, in ihre jüngste „Antisemitismus-Definition“ hineinzuschreiben.

Seit Mitte Januar 2018 ist türkisches Militär in das Nachbarland Syrien einmarschiert, um seinen innenpolitischen Konflikt mit den Kurden militärisch auszutragen. Deutsche Leopard-Panzer schießen an vorderster Front mit. Protest der Koalitionäre? Fehlanzeige. Wie die Türkei, so überfällt auch Israel permanent das syrische Nachbarland, was Israel auch als Anlauf zu einem größeren Waffengang gegen den Iran versteht. In Berlin will man auch das nicht verstehen. Genauso blieben Proteste gegen die Ankündigung der USA aus, dauerhaft Stützpunkte auf syrischem Territorium zu errichten.

Dies alles ist „nicht, wonach es aussieht“, nämlich einem Totalversagen der deutschen Politik: Es ist im Gegenteil die pure Kumpanei mit den Mordgesellen aller Länder. Die besteht bereits seit 2012 durch die aktive deutsche Beteiligung bei den sogenannten „Freunden Syriens“, der Regimechange-Internationale, die nach dem Irak und Libyen auch diesen säkularen Staat entlang konfessioneller Grenzen spalten und zerlegen möchte. Nicht eine Silbe war in den letzten Wochen aus Berlin zu hören, dass man diese kriminelle Politik beenden möchte. Insbesondere auch nicht darüber, dass man endlich die völkerrechtswidrigen Sanktionen gegen Syrien zum Aushungern der Bevölkerung beenden würde. Während das Publikum mit Arien über „Obergrenzen“ und „Familiennachzug“ unterhalten wird, schaffen sie selbst die sogenannten „Fluchtursachen“, die sie angeblich bekämpfen wollen, und verewigen sie!

Und die, die regieren wollen, wollen auch weiterhin nicht wissen, was auf der Kriegsdrehscheibe Airbase Ramstein vor sich geht, ebenso wollen sie das beschlossene Ende der Atomwaffenlagerung auf deutschem Boden vergessen und über die Modernisierung der Atomwaffen in Büchel in der Eifel schweigen. Wir hingegen sollen uns an seichter Unterhaltung delektieren, z.B. wer welches Ressort in der Regierung übernimmt. Was aber soll uns daran interessieren, welches Personal im Deutschen Nationalzirkus in Berlin in den nächsten Jahren die Vorstellung schmeißt? Uns genügt völlig, dass die für die Kriege zuständige Ministerin weiterhin Ursula von der Leichen oder so heißt, und mit kampferprobter Stahlhelmfrisur ihre Truppe (incl. ihrer 2000 Kindersoldaten) zu neuen Heldentaten anspornen wird.

Was wir aber nicht müde werden sollten, zu erklären: Die Pflicht zur Verdoppelung des Rüstungshaushalts bis 2024 gilt nur für NATO-Mitglieder! Bei NATO-Austritt (1 Jahr Kündigungsfrist) entfällt die Pflicht! Und die Air-Base Ramstein und das Atomwaffen-Depot in Büchel müssen dicht machen, wenn – der Stationierungsvertrag für ausländische Truppen gekündigt wird (2 Jahre Kündigungsfrist)! Tragen wir diese Forderungen bei den Ostermärschen, den Protesten in Ramstein und Büchel auf die Straße, und nicht zuletzt: in das Berliner Regierungsviertel!

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