Das Ende des doppelten Lottchens

Es ist kein Geheimnis, dass sich die KO aufgrund inhaltlicher Differenzen im Januar 2023 in eine Volksfront von Palästina und eine Palästinensische Volksfront aufspaltete. Die Tage des “selben Namens, anderen Kurses” sind nun vorüber: Die KO (Göttingen) hat sich in Kommunistische Partei (KP) umbenannt. Mittlerweile haben sowohl KP¹ als auch die Rest-KO² sich geäußert.

 

Diese Wendung kam für Außenstehende unerwartet, hat die KO doch jahrelang die Gründung einer neuen Partei abgelehnt. Die Rest-KO vertritt diesen Standpunkt bis heute. Die KP schreibt darüber:

 

“Wir stellen an dieser Stelle selbstkritisch fest, dass wir in den letzten Jahren eine Vorstellung von der Parteigründung vertreten und verbreitet haben, die wir heute für falsch halten. Den Punkt, ab wann wir uns als kommunistische Partei verstehen können, haben wir faktisch als ein in weiter Ferne liegendes Ereignis betrachtet, bei dem nicht in Gänze klar war, wann und wie wir dorthin kommen wollen.”

 

Diese selbstkritische Haltung ist positiv festzuhalten. Andererseits ist negativ zu gewichten, dass die Gründung der KP nicht allein aus dieser Erkenntnis heraus erfolgt ist. Die KP schreibt nämlich auch:

 

“Den Anstoß für diese Diskussion über die Bedeutung des Titels „kommunistische Partei“ gab zunächst der ungelöste Namensstreit mit der Rechtsabspaltung der KO (RAKO), dessen Verwechslungspotential wir für äußerst schädlich halten.”

 

Die Rest-KO merkt zur Umbenennung und Parteigründung zurecht an: “Anstoß sei der „ungelöste Namensstreit“ mit uns gewesen.” Das dürfte auch erklären, wieso die Parteigründung nun so plötzlich erfolgt ist.

 

Die KP hatte vom 21. bis zum 23. Juni 2024 ihren “1. Aufbauparteitag”. Der “2. Aufbauparteitag” laut “Plan zum Aufbau der Kommunistischen Partei” ist bereits angesetzt für März 2026. Vor lauter Gebrauch des “Aufbau”-Vokabulars ist eine Parallele zur KPD (Aufbauorganisation) von 1970 oder dem Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD nicht abwegig. So engmaschig wie der “Aufbauplan” gestrickt ist, wäre ein ähnliches Scheitern gar nicht so überraschend. Der “Aufbauplan” reicht nämlich noch über die kommenden zwei Jahre hinaus:

 

“Mit der Verabschiedung des Programms auf dem 2. Aufbauparteitag legen wir den Grundstein für die weitere Arbeit: Zwischen dem 2. und 3. Parteitag werden wir uns auf eine weitere Festigung der Strukturen und die Entfaltung unserer Massenarbeit konzentrieren. Auf dem 3. Parteitag, den wir nach dem Beschluss des Programms nicht mehr als Aufbauparteitag verstehen, sollen des Weiteren Resolutionen zur Frauen- und Geschlechterfrage sowie zur Klima- und Umweltfrage verabschiedet werden.”

 

Die KP plant bereits den dritten Parteitag bevor der zweite überhaupt stattgefunden hat, bevor auch nur ein Beschluss des ersten Parteitags Realität geworden ist. Damit stapelt sich ein Berg voll Essen auf dem Teller bevor auch nur eine Gabelladung den Weg in den Magen gefunden hat. Es bedarf keiner Orakelkunst, um zu prognostizieren: Entweder läuft der “Aufbauplan” perfekt ab oder es werden tiefgreifende Umplanungen notwendig. Das würde den Plan faktisch in das Reich der Fiktionalliteratur einsortieren. Es wäre besser gewesen, weniger weit in die Zukunft hineinzuplanen und dafür realistischer auf die anstehenden Aufgaben hin.

 

Das betrifft auch die Frage einer neuen Internationale:

 

“Als Kommunistische Partei ist es nun vorerst unsere Hauptaufgabe, ein revolutionäres Programm für die Arbeiterklasse in Deutschland zu entwickeln. Gleichzeitig sind wir davon überzeugt, dass eine revolutionäre Strategie für die gesamte Arbeiterklasse auf internationaler Ebene entwickelt werden muss. Daher halten wir die Auflösung der Kommunistischen Internationale 1943 für einen Fehler. Wir müssen darauf hinarbeiten, eine internationale Struktur mit bindenden Beschlüssen auf der Grundlage ideologischer Klarheit erneut aufzubauen.”

 

Prinzipiell richtig, aber zum falschen Zeitpunkt. Dieses Thema steht noch weit am Horizont. Wenn es eines Tages KPs gibt, die ausreichend in ihren Ländern verwurzelt sind, dann kann man über eine neue Internationale sich beratschlagen. Ansonsten werden deren Beschlüsse bloß bedrucktes Papier sein ohne reale Relevanz. Derzeit lenkt eine Diskussion über eine neue Internationale bloß von den Tagesaufgaben ab, die ihr ein Fundament schaffen könnten.

 

Das sonstige Selbstverständnis der Partei ist in Ordnung:

 

“Für den Marxismus-Leninismus ist eine kommunistische Partei kein Wahlverein, auch wenn sie an Wahlen teilnimmt, sofern die Bedingungen dies zulassen. Sie ist eine Kader- und Kampforganisation der Arbeiterklasse, geleitet von einem revolutionären Programm, organisiert auf der Grundlage des Demokratischen Zentralismus.”

 

Dem ist zuzustimmen. Die DKP, aus der die KP letztlich durch Abspaltung hervorgegangen ist, erfüllt diese Maßstäbe in keinster Weise.

 

Die übrig gebliebene KO schreibt in einem Statement:

 

“Wir wollen weiter konsequent an den brennenden Fragen der Bewegung arbeiten und lernen. Dazu wollen wir den Klärungsprozess fortsetzen, den Studiengang zur Geschichte des Kommunismus durchführen und weiter mit anderen Kommunisten diskutieren und mit ihnen gemeinsam die Bedingungen der Kommunisten verbessern. Dabei ist für uns das Verhältnis zur DKP von besonderer Bedeutung, da uns nicht nur gemeinsame Inhalte und Positionen verbinden und wir Zusammenarbeit sowie Debatten anstreben, sondern auch, weil die bestehenden Probleme nur gemeinsam überwunden werden können.”

 

Das heißt nichts anderes, als die Quasselbude bis zum Jüngsten Gericht fortzuführen und mit einem Bein wieder in der DKP zu stehen, der man 2017 eigentlich, noch unter dem Übergangsnamen “Wie Weiter”, den Rücken gekehrt hatte. Die KO kündigt also an, zurückzuschreiten.

 

Die KP versucht hingegen wenigstens einen angekündigten Neustart und ruft auch bisherige Nichtmitglieder dazu auf, sich an der angestrebten Parteigründung zu beteiligen. Ob das so gelingen wird, wie es nun schon über mehrere Jahre vorausgeplant wird, bleibt fraglich. Dennoch ist dieser Schritt nach vorn zu begrüßen.

 

Letztlich werden sich beide Gruppen am Erfolg oder Misserfolg aus der Arbeiterklasse messen lassen müssen. Die Zukunft wird diese Frage beantworten.

1 https://kommunistischepartei.de/allgemein/die-ko-ist-geschichte-es-lebe-die-kommunistische-partei/

2 https://kommunistische-organisation.de/artikel/warum-gruendet-man-eine-kp/

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